Klettern schult das Körperbewusstsein, das Gleichgewichtsgefühl und die Koordinationsfähigkeiten des gesamten Körpers. Dabei werden vor allem der Schultergürtel und die Rumpfmuskulatur, aber auch der restliche Körper gefordert. Doch nicht nur Sportkletterer profitieren von all diesen Vorteilen, das Klettern hat mittlerweile auch seinen Weg in die Bewegungstherapie gefunden und bildet dort die Therapieform Therapeutisches Klettern.
Effekte des therapeutischen Kletterns
Grundsätzlich nutzt die Klettertherapie vor allem die Tatsache, dass sowohl statische als auch dynamische Muskelarbeit sowie Koordination und Gleichgewicht zum Klettern nötig sind. So können motorische und posturale Kontrolle miteinander verbunden werden. Über die Muskelarbeit für den gesamten Bewegungsapparat hinaus stimuliert therapeutisches Klettern zusätzlich auch die Psyche, stärkt damit das Selbstvertrauen der Patienten in die eigenen Fähigkeiten und fördert durch Erfolgserlebnisse die Motivation. Der hohe Motivationscharakter des Kletterns an sich ist ein wichtiger Grundbaustein für therapeutisches Klettern.
Übungen beim therapeutischen Klettern
Die Übungen im therapeutischen Klettern sind in der Regel modular aufgebaut und variabel einsetzbar. Sie unterscheiden sich in Umfang und Komplexität von einzelnen Zügen bis hin zu anspruchsvolleren Bewegungsabläufen. So kann das Training flexibel gestaltet werden, je nach Therapieziel und tagesaktuellem Gesundheitszustand des Patienten. Die Ausbildung zur Aufsichtsperson und zur Vermittlung des Wissens von therapeutischem Klettern kann in Fortbildungen angeeignet werden.
Anwendungsbereiche
Therapieklettern in der Ergo- und Physiotherapie
Therapieklettern dient als unterstützendes Instrument in der Ergotherapie, Physiotherapie und in der Frühförderung zur Prävention oder Rehabilitation. Klettern wird hier als funktionelles Aufbautraining eingesetzt, das auf effektive Art und Weise die Muskelstabilisierung, Motorik und Körperbeherrschung verbessert. An einer therapeutischen Kletterwand kann beispielweise ein Kraftausdauertraining für Knie, Hüftstrecker und Armmuskulatur durchgeführt werden. Auch die Verbesserung der Mobilität von Schulter-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenken sind angestrebte Ziele. So können verschiedene Krankheitsbilder behandelt werden.
Therapieklettern in der Psychotherapie
In der Psychotherapie zählt die Klettertherapie zu den neueren Therapieformen. Es werden zum Beispiel Angst- und Panikstörungen behandelt, aber auch Essstörungen und Verhaltensauffälligkeiten zählen zu den Anwendungsgebieten. Der sportliche Aspekt steht nicht im Vordergrund, es geht hauptsächlich um das Training motorischer Fähigkeiten und um die Schulung von Körperwahrnehmung, Belastbarkeit und Selbstbewusstsein. Auch Verantwortungsbewusstsein und Vertrauen werden so geschult. Bei Patienten mit einer entsprechenden Angststörung dient therapeutisches Klettern als Expositionsübung, während bei der Behandlung von Körperschemastörungen oder Essstörungen die Körperwahrnehmung im Vordergrund steht. Bei der Behandlung von Depressionen dient Klettern der Aktivierung. Über den Spaßfaktor kann die Therapieform außerdem soziale Isolation von psychisch Erkrankten verhindern und bei Therapiegruppen in der Erlebnistherapie eingesetzt werden.
Therapeutisches Klettern in der Geriatrie
Auch in der physiotherapeutischen oder orthopädischen Begleitung von Senioren ist die Klettertherapie ein vielseitig anwendbares Konzept. Hierbei wirkt das Klettern vor allem positiv auf Gleichgewicht, Gelenkigkeit und Muskelkraft. Dies fördert Selbständigkeit und Mobilität und die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes wird geringer. Außerdem steigern sich Motivation und Selbstvertrauen der Patienten.
Therapeutisches Klettern in der Neurologie
Die Neurologie nutzt therapeutisches Klettern beispielsweise in der Schlaganfalltherapie oder bei Patienten mit Multipler Sklerose, um Koordinationsfähigkeiten zu verbessern und die Körperwahrnehmung zu schulen. Der koordinative Anspruch des Kletterns regt außerdem das Gehirn an und trainiert dessen Leistungsfähigkeit.
Therapeutische Kletterwände
Therapiekletterwände sind meist kleinere Einzelmodule, die mit geringem Platzbedarf an die Wand montiert werden. Je nach Ausführung ist die Kletterwand fest installiert ohne Neigungsverstellung oder mit einstellbarem Neigungswinkel. Die Verstellmechanismen erlauben eine negative wie auch positive Neigung. Die Griffe und Tritte lassen sich zumeist individuell platzieren. Ein aufgedrucktes Koordinatensystem ermöglicht die exakte Nachvollziehbarkeit der Übungen und eine genaue Dokumentation. Für Kinder gibt es außerdem Kletterwandmodule in kinderfreundlichen Designs, welche den motivationalen Charakter des Kletterns noch zusätzlich verstärken.