In einem Bewegungskindergarten bzw. in einer Bewegungskita bildet die Bewegung und Wahrnehmung der Kinder den Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit. Der natürliche Bewegungsdrang der Kinder wird im Kita-Alltag gefördert und durch gezielte Bewegungsangebote zusätzlich unterstützt. Das Konzept Bewegungskindergarten bietet Kindern noch mehr Möglichkeiten, ihr Körperbewusstsein zu stärken und ihre eigenen körperlichen Fähigkeiten einzuschätzen.
Ziele des Bewegungskindergartens
Spielerische Bewegungsförderung
Sitzende Tätigkeiten, erhöhter Medienkonsum und genereller Bewegungsmangel – viele Erwachsene kennen das nur zu gut. Doch auch bei Kindern ist Bewegungsmangel keine Seltenheit: Haltungsschäden, Übergewicht und ein erhöhtes Verletzungsrisiko sind die Folgen. In der Bewegungskita wird entsprechend früh die Wichtigkeit der Bewegung spielerisch vermittelt.
Bewegungskindergärten bzw. Bewegungskitas zielen jedoch keinesfalls darauf ab, eine neue Generation an leistungsstarken Sportlern auszubilden oder einen sportlichen Wettbewerb unter den Kindern herzustellen. Dagegen steht das Erlernen von Grundtätigkeiten und Grundfertigkeiten im Vordergrund, das Laufen, Springen, Werfen usw. sowie damit zusammenhängend der Gleichgewichtssinn, die Reaktionsfähigkeit und die Schärfung des Orientierungssinns. Jedes Kind soll sich im Rahmen seiner individuellen Fähigkeiten entwickeln können und von der Gemeinschaft profitieren.
Die Erzieher und Erzieherinnen ermutigen die Kinder beim Konzept Bewegungskindergarten zur selbstbestimmten Entdeckung und Nutzung des Bewegungsangebots. Das führt zu Selbstsicherheit und Selbstständigkeit bei den Kindern. Zusätzlich greifen die Betreuer auf gezielte kindgerechte Spiel- und Bewegungsangebote zurück.
Ganzheitliche Entwicklung durch Bewegung und Spiel
Bewegung gilt als Basis der ganzheitlichen kindlichen Entwicklung. Neben den motorischen Fähigkeiten lernen die Kinder in diesem Zuge noch weitere Kompetenzen. Die Bewegungserziehung umfasst die folgenden Förderbereiche:
- Motorische Kompetenzen: Die motorischen Fähigkeiten umfassen den gesamten Bewegungsapparat der Kinder, es werden Körpererfahrungen gesammelt und die Körperwahrnehmung wird geschärft. So verbessern sich die Bewegungsabläufe allmählich. Zudem stärkt das kontinuierliche Bewegungsangebot die Muskulatur der Kinder.
- Soziale Kompetenzen: Neben der Konzentration auf die eigene Motorik erfolgt ein soziales Miteinander mit anderen Kindern. Durch diese Erfahrung werden soziale Kompetenzen auf- und ausgebaut. Rücksicht, Toleranz und Gruppenzusammenhalt werden durch die gemeinsamen motorischen Herausforderungen positiv beeinflusst.
- Emotionale Kompetenzen: Die emotionale Kompetenz beschreibt die Auseinandersetzung mit sich selbst, also die personale Erfahrung. Bewegung sorgt für eine emotionale Ausgeglichenheit. Sie verhilft den Kindern ihren Emotionen Ausdruck zu geben, was nicht zwangsläufig auf verbaler Ebene geschehen muss.
- Kognitive Kompetenzen: Zuletzt wirkt sich Bewegung positiv auf die gesamte Denkfähigkeit aus. Die Kinder können sich besser konzentrieren, erfassen Informationen und deren Zusammenhänge besser.
Zertifizierung zum Bewegungskindergarten
Theoretisch darf sich jede Kindertagesbetreuung als Bewegungskindergarten bzw. als Bewegungskita bezeichnen. Je nach Bundesland besteht jedoch die Möglichkeit einer Zertifizierung, die das Konzept Bewegungskindergarten individuell prüft und offiziell anerkennt.
In der Regel werden durch eine Zertifizierung zum Bewegungskindergarten folgende Kriterien sichergestellt:
- Ein angepasstes pädagogisches Konzept (z. B. methodisch-didaktische Leitlinien, angeleitete Bewegungszeiten, …).
- Entsprechende Räumlichkeiten, die das Bewegungsangebot in angemessenen Umfang sicherstellen.
- Pädagogische Fachkräfte, die durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zum Bewegungskonzept geschult werden.
- Ggf. Zusammenarbeit mit Sportvereinen und den Eltern.
- Ggf. gesunde Ernährung als zusätzlich gelebter Bestandteil des Konzepts.
Sind die Standards der Länder und Verbände sichergestellt, erhält der Kindergarten oder die Kita das Gütesiegel oder Markenzeichen überreicht.
Raumgestaltung und Ausstattung eines Bewegungskindergartens
Ausgestaltung der Räumlichkeiten
Wesentlicher Bestandteil beim Konzept Bewegungskindergarten ist die angepasste Umgebung, die den Kindern im Vergleich zu gewöhnlichen Kindergärten noch mehr Möglichkeiten zum Krabbeln, Rennen, Springen oder Klettern erlaubt. Idealerweise ist das Bewegungsangebot
- nicht nur auf einen separaten Bewegungsraum beschränkt, es werden alle Räumlichkeiten zum Ort der Bewegung,
- abwechslungsreich für jedes Leistungsniveau,
- räumlich nicht einengend,
- eigenständig von den Kindern erreich- und nutzbar,
- in der Gruppe erlebbar,
- im Innen- und Außenbereich,
- zum Teil außerhalb der Kita/des Kindergartens.
Auch Ruhebereiche sind unbedingt notwendig, um den Kindern eine Rückzugsmöglichkeit zur Entspannung zu gewähren.
Bestenfalls sind alle Räume mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, sodass Barfußlaufen oder in Socken gehen angenehm möglich ist. Denn die natürliche Art der Bewegung erhält die Greiffähigkeit der Füße, wodurch Haltungsschäden minimiert werden können.
Ausstattung mit Sport- und Spielgeräten
Die Ausstattung eines Bewegungskindergartens ist nicht im Detail vorgeschrieben, jedoch geben die verschiedenen Zertifizierungsstellen auch hier Empfehlungen ab. Die Räume werden mit festen und beweglichen Sport- und Spielgeräten bzw. Spielmöbeln ausgestattet, darunter:
- Decken- und Wandvorrichtungen zum Schaukeln, Rutschen, Schwingen und Klettern
- Verschiedenste Bewegungslandschaften zum Klettern, Balancieren und Bauen
- Kinderturngeräte (Trampolin, Matten, Bänke, Kasten, …)
- Kleinmaterial (Bälle, Tücher, Reifen, Seile, Kegel, Sandsäckchen, …)
- Rhythmikgeräte und Musikanlage
- Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Geräte und Materialien
Auf dem Außengelände werden den Kindern neben klassischen Spielplatzgeräten Kinderfahrzeuge sowie frei zu gestaltende Bewegungslandschaften zur Verfügung gestellt. Diese können aus natürlichen Materialien bestehen, z. B. Baumstammenden, Kletterbäume, Steine, …)
Bewegung außerhalb des Kindergartengeländes
Für das Angebot außerhalb des Kindergartens werden oftmals die Sporthallen der Kommunen und Sportvereine mitbenutzt. So bietet sich eine regelmäßige gezielte Sportstunde an. Auch Schwimmen sollte bei einer Bewegungskita Bestandteil sein. Ebenso bieten Waldtage oder Spaziergänge zu nahegelegenen Sport- und Spielplätzen Abwechslung für die Kinder.
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