Über das Dehnen kursieren viele Fragen und Meinungen: Soll vor oder nach dem Training gedehnt werden? Hat Dehnen Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit im Sport? Verhindert Dehnen einen Muskelkater? Beugt es Verletzungen vor? Diesen und vielen weiteren Unklarheiten wollen wir auf den Grund gehen.
Das passiert beim Dehnen mit den Muskeln
Jeder unserer Muskeln hat einen Ursprung und einen Ansatz. Beim Stretching entfernen sich Ursprungs- und Ansatzpunkt voneinander, was den Muskel kurzzeitig in die Länge zieht. Lässt die Dehnung wieder nach, zieht sich der Muskel wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Durch regelmäßiges Stretching werden die Muskeln entsprechend nicht dauerhaft verlängert, aber das umgebende Bindegewebe wird flexibler und die Reizschwelle verringert sich, sprich die Dehnungstoleranz erhöht sich.
Gut zu wissen: Unterschied Dehnen, Stretching, Mobilisation Dehnen wird in der Regel gleichgesetzt zum englischen Begriff Stretching. Mobilisation bzw. das Beweglichkeitstraining dagegen geht eine Stufe weiter und gilt als ganzheitlicher Ansatz. Beim Mobilisieren wird gedehnt und zusätzlich werden die Gelenke in ihrem vollen Bewegungsspielraum genutzt.
Effekte des Dehnens
Dem Dehnen werden die folgenden positiven Effekte nachgesagt:
- Höhere Beweglichkeit und Balancefähigkeit durch geschmeidige Muskulatur
- Bessere Durchblutung des Muskels und damit optimierte Nährstoff- und Sauerstoffversorgung
- Ausgeglicheneres, bewussteres Körpergefühl und damit ein gesteigertes allgemeines Wohlbefinden
- Verbesserte Entspannungsfähigkeit des Muskels
- Beschleunigte Regeneration des Muskels nach Muskelarbeit
- Vorbeugung muskulärer Dysbalancen
Beim Thema Stretching zur Verletzungsprävention und Vorbeugung von Muskelkater gehen die Lehrmeinungen stark auseinander. Lange glaubte man, Dehnen vermindert das Verletzungsrisiko, jedoch konnten die Effekte bisher nicht eindeutig belegt werden.
Eine Leistungssteigerung durch Dehnen tritt erst im Kombination mit einem ganzheitlichen Mobilisationstraining – das das Dehnen beinhaltet – ein. Denn dann lernt der Körper den vollständigen Bewegungsapparat zu nutzen, was auch die Leistung auf ein neues Level bringt.
Aufgrund der mangelnden wissenschaftlichen Datenbasis könnte man den Schluss ziehen, Dehnen sei nicht wichtig. Jedoch berichten dafür wiederum zu viele Sportler von der Steigerung ihres physischen und psychischen Wohlbefindens durch regelmäßiges Stretching als Trainingseinheit.
Richtig dehnen
Nun stellt sich immer noch die Frage: Wie dehnt man richtig? Hierbei spielt die Dehntechnik eine wichtige Rolle, welche die empfohlene Dauer des Dehnens, die Anzahl an Wiederholungen sowie den Zeitpunkt, also vor oder nach dem Training, bestimmt.
Dehntechniken
Das statische und dynamische Dehnen bilden die bekanntesten Dehnmethoden.
Dauer | Wiederholungen | Zeitpunkt | |
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Statisches Dehnen Gehaltenes Dehnen “Ausharren” in bestimmter Position. | 30 – 45 s | 2 – 3 x | – nach der Belastung – in Erwärmungsphase bei Sportarten, die hohe Flexibilität erfordern (z. B. Turnen) – beim isolierten Beweglichkeitstraining |
Dynamisches Dehnen Langsame federnde Bewegungen, die den Muskel abwechselnd dehnen und wieder lockern. | 2 s in Dehnstellung | 15 – 20 x | – in Erwärmungsphase vor einer Kraft- oder Ausdauereinheit sowie Ballsportarten |
Intermittierendes Dehnen Langsames Dehnen und Halten in der Endstellung, dann wiederholen in eine erweiterte Endstellung. | 15 – 20 s | 6 – 10 x | nach Belastung |
Postisometrisches Dehnen (CHRS-Methode) Drei Zyklen mit 1. maximaler Muskelanspannung 2. Entspannung 3. Dehnung | 10 x 3 x 30 s | 3 – 5 x | Anwendung v. a. in der Therapie |
Vermeidbare Dehnfehler
Ist die richtige Dehnmethode gewählt, können aber auch hier noch Fehler in der Ausführung gemacht werden:
- Ein schmerzendes, jedoch erträgliches Spannungsgefühl ist beim Stretching unumgänglich. Der Wohlschmerz lässt aber schnell nach, die Dehnübung sollte bis dahin durchgezogen werden.
- Nicht übertreiben, denn zu starkes unnatürliches Überdehnen kann Muskelzerrungen oder ausgekugelte Gelenke verursachen.
- Dehnübungen müssen stets bedacht langsam und keinesfalls ruckartig durchgeführt werden.
- Die Dehnung kann durch gleichmäßiges bewusstes Atmen unterstützt werden, auf keinen Fall die Luft anhalten.
- In den Dehnpausen zwischen den Wiederholungen soll der Muskel tatsächlich entspannt werden, am besten durch kurzes Ausschütteln des betreffenden Muskels.
- Dehngymnastik darf nicht unter Stress stattfinden, es muss die Bereitschaft bestehen kurz innezuhalten.
- Dehnübungen beim Warm-up ersetzen dieses nicht, sondern ergänzen es nur.
- Bei akutem Muskelkater oder Verletzungen sollte auf das Stretching verzichtet werden.
Dehnübungen
Folgendes Equipment macht die Dehnübungen komfortabler und effektiver:
- Bequeme Gymnastikmatte oder eine Sitzmöglichkeit, je nach Dehnübung
- Hilfsmittel zur Intensivierung der Dehnung, z. B. Fitnessbänder, Gymnastikstäbe, Yogablöcke
- Möglichkeiten zum “Aushängen” wie Schlingentrainer oder Sprossenwand
Im nachfolgenden Video findest du ein Dehnprogramm, das sich optimal für das Cool-Down eignet.